Klaus Barski, Autor |
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LITERATURREPORT / Hans Schiemann trifft Schriftsteller Barski. Den sollte sich Harald Schmidt angucken Lass es raus, Klaus Arbeitersohn wird Millionär. Er könnte sich zur Ruhe setzen, doch er schreibt Buch um Buch – endlich reif fürs „Literarische Quartett“?
"In fünfzig Jahren wird man sich nur noch an Thomas Mann und mich erinnern.“ Sagt Klaus Barski. Ein großer Autor, 1,94 Meter. Retter der deutschen Literatur. Äußerlich ach, so bescheiden: Goldrandbrille, Scheitel, das Sporthemd gebügelt – wie ein Sparkassenmensch, der Chef-Lob für einen goldenen Deal kassiert hat. Protztausend: Vorgefahren ist er im blaumetallicfarbenen Rolls-Royce Corniche Cabriolet. Kennzeichen „German-1“, eine Florida-Nummer. Denn in Amerika hat der Arbeitersohn aus Bremen-Vegesack mit seinen Millionen gut gelebt. Dort haben wir ihn vor acht Jahren in einer Mangrovenbucht am Golf von Mexiko getroffen, in seinem Motel, dem „Sea Inn“. Nebenan die private Luxusresidenz auf sechseinhalb Hektar Grundbesitz. Damals hatte Barski noch keine einzige Zeile getippt. Aber erzählen konnte er, erzählen! Spielte mit seiner goldenen Rolex und träumte dabei offenherzig vom schmückenden Titel des deutschen Honorarkonsuls. Kohls letzter Außenminister hatte ihm zart mit der schwarzrotgoldenen Fahne gewunken. Inzwischen ist Joschka Fischer Boss. „Der weiß natürlich, dass ich den Grünen in meinen Büchern immer eins auf die Glocke gehauen hab.“ Und nun sehen wir ihn im Taunus wieder, im Promi-Wohnort Königstein. Bye-bye, Florida, man wird ja älter, und die Heimat ruft. Unter Umgehung aller Floskeln kommt Barski zur Sache, ein Wortstakkato ohne Punkt und Komma: „Ich hab jetzt mein viertes Buch auf dem Markt ein Bestseller ist das Mann so ein Ding hat es seit den ‚Buddenbrooks‘ nicht mehr gegeben!“ Wer redet, kann auch schreiben, dachte Barski und haute in die Computertasten, ganz Selfmademan und Autodidakt. Sechzig ist er. Könnte er mit seinen Millionen nicht längst in Rente gehen? Wer so was denkt, kennt Barski nicht. Der wirkt stets ein bisschen durchgeknallt, aber sympathisch. Und man weiß ja nie: Auch Thomas Mann war als Pennäler eine Niete – wer hätte ihm damals diesen schwedischen Dynamitpreis zugetraut? Ibiza – Waaahnsinn! Ob Landsmann Barski auf den Götterberg hoffen soll – du lieber Himmel! Trotzdem, er explodiert vor Selbstvertrauen: „Mein neuestes Werk, ‚Exil Ibiza‘! Eine brutale, gemeine Aussteiger-Story über Deutsche auf der Baleareninsel! Ein Insider-Krimi!“ Barski kennt sich aus: „Hab sechs Jahre da gelebt, in der Franco-Democracia-Zeit – mit dreiunddreißig, als ich genug Kohle hatte und dachte, hier könnte ich lebenslänglich Urlaub unter Palmen machen.“ Alles Asche: „Plötzlich merkte ich, hier bin ich zwischen lauter Verbrecher und Wahnsinnige geraten.“ Dunkle Machenschaften unter blauem Urlaubshimmel, soziale Aussteiger und Ibiza-Gauner – genau Barskis Buchthema. Der Romanplot ist fix runtererzählt: Deutscher Werbefachmann auf Sinnsuche sympathisiert mit der Baader-Meinhof-Bande, überfällt einen Pfandleiher, haut ab nach Ibiza, kommt ins Getriebe der Inselmafia. „Mit meinem Buch“, sagt Barski, „knall ich die letzten Inselträumer vom Hocker.“ Nobelpreis nein, Dynamitstange ja: Bei Barski muss es immer ballern. Wie bei Buch Nummer eins: Zur Vorstellung von „Der Frankfurter Spekulant“ ließ er aus dem ersten Stock der Frankfurter Buchhandlung Naacher Dollarnoten auf die Menschenmenge taumeln. Die Beute der Leute waren meistens Blüten, nur die kleinen Greenbucks echt. Barskis Showtrick zahlte sich aus: Dollarregen und Debütroman wurden sogar in „Bild“ aufgeblasen. Der Protagonist Adolf Bartels – Aufsteiger und Regenbogentype wie Barski selbst: Ein Mann im Dunst herzharter Zocker und abgehalfterter Absahner wird Immobilienmillionär und sehnt sich nach Anerkennung für Kopf und Herz. Das Buch konserviert zeitgeistig die Kohle-machen-und-abhauen-Ideologie und wurde pikanterweise von Karin Kramer in Berlin verlegt. Moment mal: War dieser Verlag nicht aus der allerlinkesten 68er Bewegung hervorgegangen? Klaro, und jetzt ließ er so ein Kapitalistenschwein grunzen! Kapitalist? Anders als „Adi“ Bartels ist Klaus Barski ein höchst arbeitsamer Macher; die Sucht nach Anerkennung treibt ihn um. Schulabgang mit dreizehn. Zuerst wird der Vegesacker Jung Anzeigendrücker, dann flirtet er mit der Fremdenlegion, hungert sich als Maler durch Paris. „Eigentlich wollte ich schon damals schreiben, aber keiner wollte mich lesen.“ Das Leben ist teuer. Barski wird Werbechef für Singer-Nähmaschinen, Europa-Werber für Harley-Davidson-Motorräder, kauft und saniert baufällige Häuser in Frankfurt. „Ich bin mit fünf Mark in der Tasche angekommen und mit acht Millionen abgehauen.“ Zuerst Ibiza, dann Florida. „Ich mach aus Sch . . . Gold“, lacht er. Nach „Spekulant“ Buch Nummer zwei, „Der Loser“: Ein draufgängerischer, ewiger Verlierer mit Faible für antike Gemälde und der Sehnsucht nach der verlorenen Traumfrau tritt ein geheimnisvolles Erbe am Golf von Mexiko an. Kaum ist die Auflage von 6000 verkauft, ballert Barski Buch Nummer drei auf den Markt: „Der deutsche Konsul“: Klaus Ritter, ehemals Lumpenproletarier in Frankfurt, soll deutscher Konsul in Florida werden. Aber er wird ausgetrickst, existenziell vernichtet. Ein tragischer Roman, und wiederum klar autobiografisch. „Damit hatte ich den Durchbruch zur Literatur geschafft!“, jodelt Barski. Zur Präsentation ließ er auf Frankfurts Eisernem Steg, einer Mainbrücke, eine Balletteuse durch einen dollargrünen Scheinwerferblitz tanzen, er selbst in Pennerklamotten. Sauforgie am Strand Und nun „Ibiza“. Barski ist keiner, der sich auf andere verlässt. Er packt seinen „neuen, heißen Sommerroman 2003“ in zwei Rollenkoffer und wird beim größten Inselbuchhändler auf Anhieb 750 Exemplare los, die halbe Erstauflage. Dieser Erfolg wird nachts begossen, im legendären Restaurant „Sa Punta“ am Talamancastrand, eine Fress- und Sauforgie mit Meeresrauschen und Medienrummel und dem geilen Gros der Residenten. Die Presse knipst, RTL filmt: Klaus Barski, Arm in Arm mit Burkhard Driest, dem prominenten Ex-Knacki. Ja, ja, wer hinterm Ofen hockt, erlebt halt nix. „Ich hab so viel zu sagen, das muss einfach raus aus mir“, sagt der Schriftsteller Barski. Das tut er in seinen Büchern – Gesamtauflage für die ersten drei: 20 000 Stück – schon mal unbesorgt um Grammatik und Konjunktive. „Ich schreibe, wie ich spreche. Meine Bücher sind Volkskunst.“ Hat ihn das „Literarische Quartett“ deswegen nie der Erwähnung für wert befunden? „Mancher Kritiker“, mault Barski, „hätte meine schriftstellerische Begabung ja schon ein bisschen mehr betonen können.“ In der Tat ist Barski besser als die Axt im Walde; er müsste nur von einem Lektor fein und scharf geschliffen werden. Und Harald Schmidt fühle sich beraten, diesen melancholischen Kauz und „mutigen Hasenfuß“ (Barski über sich) einzuladen. Denn der Mann ist Kult. Sein fünftes Buch ist fast fertig: Eine US-Sekte kauft eine Frankfurter Bank. Der gehört ein lizenziertes privates Spielcasino, und genau da will diese Sekte ihr Drogengeld waschen. Möchte der Autor andeuten, dass er sich auch in diesem Metier auskennt? „Lesen Sie mein Buch“, empfiehlt er knapp. Und schweigt. Unversiegbar sprudelt freilich Barskis Ideenquelle. Plots hat er für mindestens zehn weitere Bücher. „Schreiben Sie ruhig zwanzig, dann ärgert sich der Grass.“ Klaus Barski: Exil Ibiza. Editions Trèves, Trier 2003. 189 Seiten, 10 EUR. Zurück zur Startseite |